WOYZECK. Eine Komödie.

nach Georg Büchner

 
 

Georg Büchners Woyzeck ist ein gewaltiges Stück. Woyzecks Gewaltigkeit ist die Sprache. Die Geschichte ist uns wohlbekannt: Der einfache Soldat Franz Woyzeck tötet aus Eifersucht seine Lebensgefährtin Marie. Er steht am Rande der Gesellschaft, am Rande der Existenz, verausgabt sich derart, dass er einen psychischen Zusammenbruch erleidet, der ihn zu jener Mordtat treibt. Vermutlich wünschen wir uns einen Woyzeck, der nicht die Frau, die er liebt, mordet, sondern der sich gegen seine Widersacher auflehnt. Der einen Kloben in den festen grauen Himmel schlägt, der’s greift mit …

Doch was, wenn die Gewalt auf den, der sich wehren, der um sich schlagen, Stacheldrahtzäune niederreißen und vor den Augen der Welt eine Axt schwer auf den Tisch der Mächtigen krachen lassen will, ganz anders als physisch wirkt? Was, wenn Woyzecks Schläge ins Nichts schlicht treffen, wenn sich jenes mit Fäusten einfach nicht greifen lässt? Dies, das weiß der Boxer, schmerzt … 

Woyzeck in der Interpretation von Olav Amende zeigt auf ebenso grausame wie komische Weise, wie allein durch die Gewalt der Sprache der Raum für einen am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen derart verengt wird, dass dieser schließlich einfach aus dem sozialen Gefüge ausscheidet. Die Inszenierung greift dabei auf Büchners Original zurück. In Anlehnung an seine Technik sind die Texte miteinander collagiert und rhythmisiert und so ist eine neue Bühnenfassung geschaffen.

 
Ein intensiver Abend, ein konzentrierter und ein durchaus kurzweiliger – die knapp zwei Stunden vergehen unerwartet schnell – ein fein gespielter sowieso.
— reihesiebenmitte
 
 
  • Premiere
    21. Januar 2016
    Cammerspiele Leipzig

  • Es spielen
    Anne Rab
    Christian Backhauß
    Falko Köpp
    Georg Herberger 

  • Regie
    Olav Amende 

  • Regieassistenz
    Florian Fochmann 

  • Dramaturgie
    Samuel Anthon 

  • Bühne
    Tilo Schreieck 

  • Ton
    Martin Basman

  • Fotos
    Constanze Burger
    Frank Merten

  • Gefördert von
    Kulturstiftung Sachsen

 

HAUPTMANN

Süd-Nord! Er ist ganz abscheulich dumm. Er ist ein guter Mensch, ein guter Mensch, aber er ist dumm, ganz abscheulich dumm! Süd-Nord! Süd-Nord! Ha, ha! Süd-Nord! Süd-Nord! Süd-Nord! Er hat keine Tugend, er ist kein tugendhafter Mensch! Er hat keine Moral! Moral! Moral das ist wenn man moralisch ist. Er ist ein guter Mensch, aber: ganz abscheulich, ganz abscheulich, ganz abscheulich, abscheulich dumm! Dumm!

Seine Phantasie

Er ist wieder von uns weggetreten. Er steht am Fenster, fasst das Glas, neigt den Kopf – hinunterzuschauen in die Tiefe. Da unten rauscht's. Da ist's. Alles Licht. Durchfließt die Stadt. Ist kalt. In Parallelen schießt sichs dumpf entgegen. Facht die Funken, die konzentrisch kreisen, noch während oben der Streif des Sterns zerbricht. Ich schließ die Augen. Ich unterlieg dem weißen Licht des Mondes, durchflieg die Weite unter Wassers wellendem Schwarz. Er kehrt zurück, setzt sich zu uns an den Tisch. Er spricht. Und wir wissen ihn nicht mehr bei uns.