wandlungen

Mai 2019

Aus der Textsammlung NEBELMASCHINEN für die Literaturperformance GEGENGEFÄLLE. Zweite Station Regis-Breitingen.


eine sache muss man doch gründlich machen, dachte er sich und stieß den spaten in den boden. der nachbar schaute ihm zu und sagte: ausschachten. bei diesem unkraut kannst du nur noch alles ausschachten. das einfachste ist, du kaufst dir neue erde und fängst von vorne an. als der nachbar gegangen war, stieß er wieder und wieder den spaten in den boden. stundenlang grub er die erde um, schmiss grasbüschel faustgroß in die schubkarre, zerrte an wurzeln, bis sie sich verdrehten und ihm dann zerbrachen, harkte, zupfte an wurzelhaaren, wühlte im erdreich. wie oft wird sich das wiederholen, frug er sich. wie oft das kratzen und schlagen gegen den stein, das bohren, bis die erde rutscht, der berg weicht, der arm erlahmt und die grube überflutet; das zerpressen der blumen und sträucher und bäume, bis sie in tiefsten rissen schwarz erglänzen; das ausschöpfen und auslöffeln und verspülen; das umsiedeln, abräumen und demontieren; das aufreißen der straße, das umleiten der pfade, das überschwemmen und austrocknen der teiche, das versetzen der kirche im nebel, das fällen der weiden und linden und ulmen und pappeln, das sprengen der essen, das verschütten und vertreiben, das planieren und asphaltieren... wieder und wieder stieß er den spaten in den boden und seine arbeit fand kein ende.