SIE
Ein Spektakel nach Jean Genet
DER PAPST SPIELT DEN MENSCH
Der Papst soll fotografiert werden. Für die Millionen Gläubigen in der Welt begeben sich ein Fotograf und der Türsteher des Papstes auf die Suche nach dem perfekten Bild, das ihre Heiligkeit in einem neuen Glanz erstrahlen lassen möge. Die Scheinwerfer sind eingestellt, sie tritt ein und...!
Nun, ein Mensch muss nicht sagen, dass er menschlich ist, er ist es, ob es ihm schmeckt oder nicht. Der ganz diesseitige Papst ist jedoch schon längst aufgegangen in einer lustvollen Maschine der Macht und einer jenseitigen Geste der Verklärung. Uns zum Beweis aber, die wir die Wirklichkeit der Reality Shows brauchen, um uns in dieser eisigen Wüste der Repräsentation nicht zu verkühlen, gibt der Papst den Menschen: unter den Augen eines Photographen, gegängelt von einem zynischen Türsteher, gedoppelt durch uns, das Publikum! Das gute alte Menschspiel wird in Olav Amendes Inszenierung der Inszenierung theatral und lustvoll überbelichtet.
SIE ist ein Stück aus dem Nachlass Jean Genets und wurde bisher nur einmal im deutschsprachigen Raum inszeniert. Zum Leipziger Kirchentag auf dem Weg 2017 bringen wir dieses Verwirrspiel um Bilder und Abbilder formverliebt auf die Bühne.
Premiere
26. Mai 2017
Cammerspiele LeipzigEs spielen
Jennifer Demmel
Annika Gerber
Gwen KyrgRegie
Olav AmendeRegieassistenz
Miriam HerdtDramaturgie
Samuel AnthonKostümbild
Alisa HeckeMake-up & Hair
Stephanie HanfSound
Martin BasmanFotografien
Ruslan HrushchakGefördert vom
Kirchentag auf dem Weg Leipzig
KARDINAL-Schleife
ich weiß nicht ob ich darf denn … sie ist nicht da? noch nicht? ich bin zeitig aufgestanden um fischen zu gehen sie sehen ich bin spärlich bekleidet darum traute ich mich nicht ihnen meinen ring zum küssen hinzuhalten ja jagen ist ein grausamer sport fischen ist ein liebenswertes spiel. auf die jagd geht man gestiefelt und gespornt bewaffnet bis an die zähne man wappnet sich mit männlichem stolz mit blutgier. zum fischen geht man schweigend bedächtig fast mit zärtlichkeit. der tau des fischers gleicht nicht dem tau des jägers. der eine ist menschlicher als der andere. ich weiß in beiden fällen ist der ausgang tödlich und dennoch.
Will abgehen, dann zum Publikum
Sagen Sie mir, fällt auf, dass ich keine Soutane anhabe? Schließlich muss ich durch das große Vorzimmer und habe Angst, dort den Soldaten zu begegnen.
ich möchte sie nicht in verwirrung bringen gut ich will mich davonmachen bevor sie kommt meine zweifelhafte kleidung würde einige probleme aufwerfen sie würde über diese rot angeschwollene sirene staunen.
ich weiß nicht ob ich darf denn … sie ist nicht daaa? noch nicht? ich bin zeit.... aufgestand... um fischen zu gehen sie sehen ich bin zeit-ig aufge... spärlich bekleidet darum trau--te ich mich nicht! ihnen meinen ring zum küssssen hinzuhal... ja ja jagen ist ein grausamer spor... ja ja jagen ist ein graus... ein graus... fischen ein liebenswertes spiel. auf die ja ja jagen ist ein... geht man gestiefelt und ge... bewaffnet bis an die zähne man wappnet sich mit männlichem mit blutgier. zum fischen geht man schwei... ich weiß nicht ob ich darf denn... bedächtig fast mit zärtlichkeit. sie ist nicht daaa? noch nicht? ich bin zeit... aufgestan... der tau des fischers gleicht nicht dem tau des jä—gers. sie ist nicht daaa? noch nicht? Ja ja jag... der eine ist menschlicher als der andere. ich weiß nicht ob ich dar... in beiden fällen ist der ausgang tödlich und dennoch.
Will abgehen, dann zum Publikum
Sagen Sie mir, fällt auf, dass ich keine Soutane anhabe? Schließlich muss ich durch das große Vorzimmer und habe Angst, dort den Soldaten zu begegnen.
ich möchte sie nicht in verwirrung bringen gut ich will mich davonmachen bevor sie kommt meine zweifelhafte kleidung würde einige probleme aufwerfen sie würde über diese rot angeschwollene sirene staunen.
Will abgehen, dann zum Publikum
Sagen Sie mir, fällt auf, dass ich keine Soutane anhabe? Schließlich muss ich durch das große Vorzimmer und habe Angst, dort den Soldaten zu begegnen.
ich möchte sie nicht in verwirrung bringen gut ich will mich davonmachen bevor sie kommt meine
Will abgehen, dann zum Publikum
Sagen Sie mir, fällt auf, dass ich keine Soutane anhabe? Schließlich muss ich durch das große Vorzimmer und habe Angst, dort den Soldaten
Will abgehen, dann zum Publikum
Sagen Sie mir, fällt auf, dass ich keine Soutane anhabe? Schließlich muss ich durch das große Vorzimmer und habe Angst, dort den Soldaten zu begegnen.
ich möchte sie nicht in verwirrung bringen gut ich will mich davonmachen bevor sie kommt meine zweifelhafte kleidung würde einige probleme aufwerfen sie würde über diese rot!
Geht ab
Esse est percipi. Ein Triptychon
Der Fischer hat das Licht gefangen. Ein einzelner Sonnenstrahl dringt ins Schlafgemach des Heiligen Vaters und bricht und verfängt sich in der Gravur des Ringes. Gähnend schleicht er über den blanken Flur, auf dem sich seine Schritte doppeln. Ein junger Knabe blickt auf die Glätte des dampfenden Sees. Alle Türen des Palastes stehen offen. Es gibt einen Zweiten, spricht der Knabe und berührt die Wange seines Gegenübers. Er tritt an die Tafel, wischt mit dem Saum seiner Soutane den Staub von der Platte und horcht und zupft am Stoff. Da ist kein Laut. Es gibt einen Zweiten, spricht der Knabe und der Zweite bin ich. Langsam wirft sich der Heilige Vater die Mozetta über. Wenn mir der Diener den Kragen richtete, so streifte sein Finger manchmal meinen Nacken. Sogleich erbat er Verzeihung von mir, doch ich zeigte ihm den Ring und dachte für mich: Fürchte dich nicht, von jetzt an wirst du Menschen... Da ist kein Laut? Da naht keiner? Ich will ihnen den Angelus beten, flüstert der Heilige Vater, tritt auf das Treppchen, öffnet den Vorhang und breitet seine Arme... Und das Wort ist Fleisch geworden, ruft er in die Leere der Piazza San Petro. Das Wort ist Fleisch geworden und er lächelt im Widerhall seiner Stimme. Das Wort ist Fleisch geworden und es hat unter uns gewohnt.
Ein Stein durchschlägt das Glasgesicht des Heiligen Stephanus. Ein Axthieb zersplittert die Kirchenpforte. Wir wollen ihnen das Gold von der Backe kratzen, rufen sie und hauen die Köpfe vom Relief des Abendmahls. Der Prediger tritt an den Altar und zeigt der Menge das blaue Tuch. Der Gott des Schauens bist Du. Wir wollen Dir die Augen verhängen. Auf dass nur derjenige Dein Angesicht zu erblicken vermag, der Dich glaubend beschaut. Dem aber, der auf Dein Fleisch schielt, im eitlen Schein, Dir eben zu sein, dem wollen wir das Bildnis aus dem Gedächtnis brechen. Sie Alle werden zu Säulen erstarren, welche die Splitter ihrer Spiegel formen! Das Bild aber, das wahre Bild sei der Mensch.
Wahrnehmen ist Schein. Das Spiel schafft Sein. Sie sprechen in die Leere und sind... In weißen Gewändern stehen die Verbannten im Schnee. Die Psalmodien hallen und verhallen in der Weite des Eises. Das zu Fleisch gewordene Wort zerscherbt hoch über ihren Köpfen. Schemenhaft rieselt es zur Erde und verschwindet in der Stille unter ihnen. Im Takt tauschen sie die Rollen. Der eben noch Untergebene wird der, der vergibt, während sich sein Gegenüber als Diener der Diener zeigt und sich der Dritte in ihre Mitte stellt. Die Soldaten haben sie nicht zu fürchten, auf die Wachen nicht zu achten. Da ist keiner, der sie wahrnimmt. So existieren sie nicht? Doch schon erklingt ein neuer, ein hoffnungsvoller Gesang – zu sein.